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«Zwischen Chaos und Ordnung» - Christian Ochsner

 

Der Blick schweift in die Weite - über die grüne, satte Landschaft, in der sich die Bäume im leichten Wind wiegen und der Himmel mit ein paar weissen Wölkchen blau darüber strahlt. Das macht nicht nur die romantisch Veranlagten unter uns zufrieden ruhig oder sogar euphorisch. Die innere Gelöstheit und Entspanntheit, die durch solche Blicke entsteht, kennen wir alle. Plötzlich werden wir ganz klein gegenüber der Natur und sind doch viel mehr bei uns als im dichten wabernden urbanen Raum, in dem wir auf- und untergehen können. 

 

Doch was ist das für ein Blick auf die Landschaft? Wo wird die Umgebung plötzlich zu einem  Bild, das fasziniert, manchmal sogar den Atem kurz stehen lässt oder im Gegenteil zum Durchatmen einlädt? Es sind tausende Bilder, die beim Betrachten von Landschaft im Kopf entstehen – bei jedem Blinzeln und jeder Kopfbewegung, bei jedem Windhauch und jeder Sekunde ändern sich die Bilder. Ein wahres Chaos an Bildern, die zusammen einen Eindruck hinterlassen.

Christian Ochsners Leidenschaft gilt diesem Chaos zwischen natürlicher Umgebung, Augapfel und Hirnströmen. Der Gestalt der Landschaft begegnet er mit dem Gestalten auf der Leinwand. Das beginnt schon beim Spannen des Stoffs oder der Vorbereitung des Grunds für sein Vorhaben. Mit Ölfarbe und Pinsel nimmt er sich dann Schicht um Schicht die Bilder der Landschaft vor – ordnet deren Ausschnitte, Formen, Farben, Helligkeiten, Tiefen, deren Kompositionen. Er überträgt sie auf die Leinwand, wieder und wieder neu. Der Innenraum füllt sich mit ganzen Serien von Blicken auf Aussenräume. Eine Art Labor des Aussenraums entsteht – nicht nur durch die Schichten und Reihen der gemalten Bilder, sondern auch durch andere Werkzeuge und Materialien, die ihn bei der malerischen Untersuchung unterstützen – wie Fotografien, Skizzen oder Notizen.

 

Doch so rational, aufgeräumt und durchdacht bleibt es nicht in Christian Ochsners Untersuchungsraum. Kurz bevor die Bilder zu Abbildern von Landschaft werden könnten, rutscht der Pinsel aus – nicht etwa aus Versehen, sondern mit einem intuitiven Entschluss zerstört ein Farbaufstrich die scheinbar idyllische Anordnung. Abstrakte Formen und Elemente formen aus der Landschaft plötzlich etwas Neues – etwas Uneindeutiges, das beim Betrachten die Phantasie in Bewegung bringt. 

 

Die Bilder verlassen den Erfahrungsmoment in der Landschaft - die eine Perspektive, die Ochsner beim Betrachten und malerischen Festhalten einnimmt - sie führen zu inneren Landschaften, bei denen die Wege und Begrenzungen sich bei allen unterschiedlich biegen und winden. In der Ausstellung "Zwischen Ordnung und Chaos" lädt uns Christian Ochsner ein, seine Landschafts-Werkstatt zu betreten, mit ihm die Blicke zu ordnen und zu reihen und gleichzeitig seine Bilder wie Türen zu nutzen, die Klinke zu drücken und den Luftzug reinzulassen aus den ganz unterschiedlichen Aussenräumen, die in unseren Köpfen hausen. 

Text: Alexandra Adler / August 2022

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